Filmtagebuch: „Ozark“

Neue Serie entdeckt, deren Titel ich mir ums Verrecken nicht merken kann: “Ozark”. Mit der Grundidee, dass ein ganz normaler Bürger aus purem Überlebenswillen sich und seine kleine Durchschnittsfamilie mittels Intelligenz und Integrität erfolgreich gegen immer größere Gangster durchsetzt, dabei immer größere Kreise der Gewalt zieht und zugleich selbst immer mächtiger und gefährlicher wird, ist sie stofflich eng mit “Breaking Bad” verwandt. Ein Erfolgsrezept offenbar, das auch mich bei der Stange hält. Leider schmälern diverse dramaturgische Schlampigkeiten das intellektuelle Serien-Vergnügen. Hier einige Beispiele bezüglich der ersten Staffel:

Der eloquente, ruhige, sehr kultivierte mexikanische Crime-Lord des Kartells – Esai Morales als Camino Del Rio („Del“) – ist eine durchaus interessante Figur. Jedoch bezweifle ich massiv, dass eine solche Persönlichkeit, die sich intensiv um die Dienste des besonnenen und hervorragenden Finanzberaters Martin „Marty“ Byrde bewirbt, eine Minute nach dem lang ersehnten Handschlag sofort vor aller Augen den Vorgänger-Trottel brutal hinrichten lassen würde. Und selbst WENN: warum sagt Marty dann in der ersten Episode, kurz bevor Del seinen Partner und dessen Kumpels tötet:

“To be honest, this uhm, this Dale-Carnegie-Pablo-Escobar ruse (Schlich/Finte)? I think that’s beneath you!” // Also wirklich: dieser Dale-Carnegie-Pablo-Escobar-Quark ist wirklich unter Ihrer Würde!”

Er weiß doch, mit wem er es (zu diesem Zeitpunkt bereits seit 10 Jahren) zu tun hat! (Dale Carnegie, 1888 – 1955, war übrigens ein US-amerikanischer Kommunikations- und Motivationstrainer im Bereich des Positiven Denkens). Das Verhältnis zwischen den beiden besonnen-intelligenten Geschäftspartnern müsste klarer sein. Dann häufen sich die Unplausibilitäten: Warum will der schwule Hinterwäldler plötzlich Marty umbringen? Woher weiß Ruth das? – und weshalb tötet sie sofort ihren Onkel, anstatt Marty zu warnen, oder etwas anderes zu unternehmen? So interessant die Anlage und Idee dieser Figur (Ruth Langmore), so unausgegoren erscheint sie mir. Wie treibt sie in dieser Einöde über Nacht eine ganze neue Belegschaft für einen Stripclub auf? Weshalb kommt ein Kartell-Lord mit nur einem einzigen (übrigens ziemlich keltisch anmutenden) Haudrauf als Bodyguard auf Anraten eines gerade gefolterten Todfeindes ganz spontan zu einem Meeting mit einem ihm völlig fremden einheimischen Drogenbaron? Fallen dem ansonsten so cleveren Marty wirklich keine besseren/sichereren/originelleren Verstecke für die tödlichen Millionen ein als die, wo sie ständig geklaut werden? Und: wie schafft er es, der attraktivsten Frau der ganzen Serie, Rachel, die Barbesitzerin, die ihm schöne Augen macht, zu widerstehen? Überhaupt gibt es eine zu krasse Divergenz zwischen der Intelligenz der Figuren und der Dummheit ihrer Handlungen – allen voran Ruths Vater — usw usf… Es gibt noch wesentlich mehr Fragen. Trotzdem werde ich der zweiten Staffel noch eine Chance geben…

Ungewöhnlich besetzt: Laura Linney (*1964) spielt die Ehefrau des 5 Jahre jüngeren (und deutlich besser aussehenden) Protagonisten: Jason Bateman, zugleich ausführender (executive) Produzent und Regisseur mehrerer Episoden.

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