Regierung abwählen – Fernsehen verklagen!

Gesetzgeber nötigt mündige Bürger zur Duldung fahrlässiger Körperverletzung. Offener Brief an die Rundfunkanstalten Deutschlands.

Frank Jankowski, 27. Juli 2015
Sehr geehrte Damen und Herren,
aus den unten ersichtlich gemachten Gründen konnte ich von Ihren „Informationen ausstehender Gebühren“ keine Kenntnis erlangen. Deshalb bitte ich um eine nachträgliche Zustellung sämtlicher relevanter Mitteilungen.
Vorsorglich lege ich hiermit zugleich Widerspruch gegen eine allgemeine Erhebung und insbesondere gegen die mich betreffende persönliche Eintreibung von Rundfunkgebühren ein.

Sechs Millionen Erläuterungen

Meine Ablehnung dessen, was im Fernsehen gezeigt wird, nahm mit Einführung der privaten Sender und zunehmender persönlicher Reife stetig zu und erreichte ihren ersten Höhepunkt mit der Ausstrahlung der Serie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, für die ich Mitte der 90er Jahre (mittlerweile Philologe, Dramaturg, Autor) sogar ganz kurz als Storyliner tätig war. Jedoch war es mir unmöglich, an dieser – wenngleich auch ungeheuerlich gut bezahlten – Volksverdummung mitzuwirken, deshalb beendete ich meine Mitarbeit schon nach wenigen Wochen – und war bald darauf entsetzt, zu erfahren, wie viele Menschen sich dieser geistigen Belästigung freiwillig Tag für Tag aussetzten: sechs Millionen.
Das Niveau der im deutschen Privatfernsehen ausgestrahlten Sendungen war von Anfang an dürftig und sank mit dem (leider sehr fantasielosen) Nachäffen US-amerikanischer Vorbilder rapide. Mit extrem wenigen Ausnahmen (wie etwa Arte und 3sat) ließen sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten leider von diesem Sog erfassen. Irgendwann war auch deren Qualität so miserabel, dass ich mich genötigt sah, meinen Fernseher zu verschenken. Ja ich zog sogar in Erwägung, die ruchlosesten Sender wegen (fahrlässiger) Körperverletzung zu verklagen – denn ich betrachte das Gehirn als zum Körper dazugehörig. Diese Klage hätte übrigens nicht mein eigenes Gehirn betroffen, sondern die Millionen, die nicht die Kraft hatten, ihre Empfangsgeräte abzuschaffen, um sich nicht nach jedem Einschalten über die dort propagierte Negativität, Brutalität und unendliche Abgestumpftheit ärgern und fremdschämen zu müssen.
Um es mit einem

Gleichnis

zu verdeutlichen: Stellen Sie sich vor, Sie mögen anspruchsvolle leise klassische Musik, und Ihr Nachbar hört oft brüllend lauten Heavymetal-Krach, der sogar Ihre Gläser im Schrank klirren lässt – und Ihnen auch sonst extrem auf die Nerven geht, so sehr, dass Sie kostspielige Schalldämpfungsmaßnahmen ergreifen. Plötzlich verlangt besagter Nachbar von Ihnen, dass Sie sich an seinen Kosten beteiligen, da Sie ja schließlich mithören (könnten). Wie würden Sie reagieren?
Die Idee, das Fernsehen wegen geistiger Umweltverschmutzung zu verklagen, hatte damals freilich noch den Haken, dass ja niemand gezwungen wurde, TV zu glotzen, beziehungsweise dafür zu bezahlen. Das ist nun anders. Der Zwang zur Bezahlung impliziert den Zwang zur Nutzung, also zum Schauen. Man wird gleichsam gezwungen, sich verletzen zu lassen! Die erwähnte Klage ziehe ich deshalb nun ernsthaft in Erwägung. Konkrete Gespräche mit Juristen finden bereits statt.
Um es ein für alle Male deutlich kund zu tun: Neben der bildenden Kunst und der Literatur gilt dem Medium Film mein größtes Interesse – nicht zuletzt deshalb, weil es in der Lage ist, die beiden anderen Ausdrucksformen sublimiert zu vereinen. Seit der Abschaffung meines TV-Empfangsgeräts leihe und kaufe ich mir sehr häufig ganz gezielt Filme. Da es mittlerweile gar nicht mehr möglich ist, einen großen Bildschirm ohne integrierter TV-Empfangstechnik zu bekommen, greife ich, um auch im Zustand getrübten Bewusstseins zuverlässig vor der Willkür der gefürchteten Fernsehgrob- und -dummheiten geschützt zu sein, zum Anschauen dieser Filme auf Computer-Monitore zurück.

Radio hat mich noch nie interessiert, deshalb besitze ich auch keines. Den einzigen Zweck, zu dem ich Radio aktiv nutze, sind die Staumeldungen im Auto. Da ich aber auch kein eigenes Auto besitze, und nur alle Jubeljahre mal eins anmiete, fällt diese Nutzung wohl kaum ins Gewicht. Die Qualität der Radiosender kann ich deshalb nicht beurteilen. Ich weiß nur, dass ich mich von entsprechenden Dauer-Beschallungen, etwa bei Freunden oder im Supermarkt (neuerdings zu meinem großen Verdruss auch bei Penny), aus verschiedenen Gründen grundsätzlich gestört fühle – und jedes Mal darum bitte, abzuschalten.

Da ich trotz mehrfacher eindeutiger schriftlicher und mündlicher Benachrichtigung an die Geldeinziehungsbehörden der Rundfunkanstalten, dass ich weder TV-, noch Radiogeräte besitze, weiterhin unablässig mit Zahlungsaufforderungen zugemüllt wurde, fing ich irgendwann an, diese Briefe ungeöffnet zu entsorgen. Erst seit der kürzlichen Mitteilung durch das Finanzamt, in welcher man mir (ohne Vorwarnung) mit Pfändung drohte, beschäftige ich mich erneut mit der ganzen Thematik. Und reagiere hiermit nun unverzüglich darauf.
Zum neuen Argument, das Internet sei ein Empfangsgerät, das man mir am Telefon lieferte: Ehrlich gesagt, wusste ich nicht einmal, dass ich via Internet-Anschluss ohne spezielle zusätzliche Anmeldung ganz „normal“ fern sehen und Radio hören kann – und ich bezweifle das auch noch, werde es bei Gelegenheit eruieren.
Dass man mir nun jedoch wegen der bloßen Nutzung des Internets, welches mir ausschließlich zur Kommunikation, zum Einkaufen und (als eine Art Enzyklopädie) zur gezielten Informationsbeschaffung dient, unterstellt, ich würde diese volksverdummende Körperverletzung akzeptieren oder (in Anfällen masochistischer Neigungen) sogar selbst konsumieren, ist empörend und beleidigend.
Und dass ich nun sogar dafür bezahlen soll, empfinde ich – selbstverständlich – als Nötigung, als einen Akt aggressiver gewalttätiger Staatswillkür. Schlimmer und grotesker noch, als würde man von jedem, der einen Führerschein besitzt, die Entrichtung einer Kfz-Steuer verlangen.

Ein Lösungsvorschlag:

Mit der heutigen Technik dürfte es möglich sein, Gebühren für die konkrete Nutzung einer Rundfunk-Leistung zu erheben. Erheben Sie meinetwegen eine Art Rundfunk-Maut, mit der ich ausgesuchte Sender gezielt buchen kann, oder sogar einzelne Sendungen bezahlen, für die ich mich bewusst entscheide. Installieren Sie meinetwegen Messgeräte in meinen Empfangsgeräten – so wie man den Verbrauch von Wasser, Strom, Gas und Öl misst. Ich wäre der letzte, der sich dann noch gegen eine Bezahlung wehrt! Mehr noch: sobald es möglich sein wird, durch die gezielte Bezahlung gute Beiträge zu belohnen, also auch die schlechten (zumindest implizit) abzumahnen, wäre ich dafür, die Beiträge deutlich zu erhöhen!
Wer eine Fernseh-Flatrate haben will, soll sie bekommen. Ich will definitiv keine haben, auch beim Telefonieren nicht.

Beweismittel:

  1. In meiner Wohnung befindet sich weder ein Radio noch ein TV-Empfangsgerät.
  2. Meinen Internetanschluss habe ich noch kein einziges Mal zum Rundfunkempfang genutzt, bezweifle sogar, dass das so ohne weiteres möglich ist. Hiermit ermächtige ich Sie, dies mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln nachzuprüfen.
  3. Meine Videotheken werden bestätigen, dass ich mir seit Jahren fast täglich einen Film ausleihe. Das kostet mich erheblich mehr als die zur Debatte stehenden Rundfunkgebühren.
  4. Meine Tochter habe ich so erzogen, dass sie schon als kleines Mädchen sehr wohl in der Lage war, die verletzende Dummdreistigkeit solcher TV-Ikonen, wie die Supermodelfinderin Heidi Plump (oder wie sie heißt), als menschenunwürdig zu bewerten. Also abzulehnen.
  5. Dutzende, ja Hunderte von entsprechenden Meinungsbekundungen gegenüber Freunden und Bekannten.
  6. Beim Mobiltelefonieren nutze ich Prepaid-Zahlungsmethoden, um eine weitgehende Kontrolle zu behalten.
  7. Viele andere Beweise werde ich mir, bei geeigneter Gelegenheit, gerne die Mühe machen, aufzuzählen…

Mit (eigentlich gar nicht wirklich) freundlichen Grüßen
Frank Jankowski

***

P.S. vom Frühjahr 2020:

Nichtobdachlosigkeitssteuer: 10.000 Euro!

Offener Brief an die Administration der ARD-Mediathek.
Betreff: Fehlfunktionen der Verschlagwortung und des Streamings der Mediathek

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