Drehbuch-Lektorate für SAT1

 

Beispiel 1

Erstellt von: Frank Jankowski am: 16.01.99

 

PROJEKTINFORMATION

Titel: Tango Infernal

Genre : dramatischer Kriminalthriller
Vorlage: Drehbuch vom 18.01.98
Autor/en: Peter Keglevic - nach einem Roman von John Lutz
Format: 90'
Anbieter: creatv Fernsehproduktions GmbH - Kalscheurener Str. 91 D-50354 Hürth-Kalscheuren (02233)969-7573 Fax: -7596
Produzent:
Mitwirkende:

KURZINHALT:
Eine Gesellschaftstänzerin zwischen fünf Männern. - Ist einer von ihnen womöglich jener Psychopath, der bereits mehrere Gesellschaftstänzerinnen ermordet hat?

INHALT:
Die attraktive KLARA (33) fristet als Sekretärin eines Berliner Autosalons ein eher langweiliges Dasein. Der Tanzsport, der ihre Freizeit ausfüllt, ist ihre einzige Freude - am liebsten tanzt sie Tango. In der Vorbereitungsphase eines wichtigen Turniers werden die deutschen Medien von einer entsetzlichen Nachricht beherrscht, die bei KLARA eine nachhaltige Verfolgungsangst auslöst: In Bremen, Hamburg und Hannover treibt ein Serienmörder sein Unwesen, und sie, KLARA, entspricht exakt dem Profil der Opfer - Gesellschaftstänzerinnen...
Wer ist der Serienmörder? Hat er es auch auf sie abgesehen? Ist es vielleicht sogar ihr eigener Freund, TOMMIE, von dem sie sich wegen seiner Gewalttätigkeit trennen will? Oder etwa DIETER (55), ihr verbitterter Ex-Tanzlehrer, der ihr nach seiner plötzlichen Entlassung mangelnde Solidarität vorwirft? MAX, ihr sonderbarer Arbeitskollege, den sie abblitzen ließ, und der beruflich viel in Norddeutschland unterwegs ist? LEON (35), ihr charmanter neuer Tanzlehrer, der ebenfalls an allen Tatorten zugegen war? Oder VIKTOR (40), der von der Polizei verdächtigte Gatte des ersten Mordopfers, der sich selbst aufmacht, den Mörder seiner Frau zu stellen?...
Die beiden Kommissare und der Profiler/Polizeipsychologe wollen es nicht wahr haben, aber sie tappen im Dunkeln - erst verhaften sie VIKTOR, dann MAX... Mit VIKTORs Hilfe gelingt es ihnen dann im Showdown, den wahren Täter (eine Randfigur, nämlich NACHTIGALL, den Tanzsportausstatter) zu stellen und KLARA gleichsam in letzter Sekunde das Leben zu retten.

Stoffliche Bewertung
Originalität: gering Variation vorhanden - besonders außergewöhnlich
(Originell ist eigentlich weniger die Geschichte und auch weniger die einzelnen Motive, als vielmehr die Technik ihrer Kombination)
Plot: Es handelt sich ganz offensichtlich um ein handwerklich versiertes Kriminalstück, das in einer lebendigen, fließenden Folge von manchmal durchaus authentischen bzw. 'dichten' Szenen erzählt wird, wobei der Autor mit häufig benutzten Genre-Versatzelementen jongliert: a) viele falsche Fährten - u.a. zum brutalen Partner der schwachen Heldin b) Pathologie-Dialoge der Kommissare c) Vergabe scheinbar zufälliger Infos durch Medien etc... Der Gesellschaftstanz, speziell der melodramatische Tango, verleiht dem emotionalen Stoff einen visuell sehr reizvollen und sinnstiftenden Rahmen. Die Spannung dieser Geschichte wird auf zwei Ebenen erzeugt: Durch den Tanzwettbewerb und die Suche nach dem Mörder - und diese beiden Ebenen werden im dramat. Höhepunkt sogar verflochten!
Vorwerbephase: Interesse an Entwicklung der Hauptfigur; Suspense durch ersten Mord; Freude an Tanz-Ästhetik!
Hauptrolle: KLARA ist ein stilles Wasser, eine Figur, die sich psychologisch und physisch entwickelt bzw. wandelt und sich hervorragend als potentielles Opfer eignet.
Nebenrollen: Die Nebenrollen stellen meines Erachtens den Schwachpunkt der vorliegenden Arbeit dar. Es gibt nur die eine Heldin KLARA - neben ihr wirken alle anderen Figuren (wie z.B. ihre leider zu klischeehaft geratene Tanzfreundin BARBARA), blaß und klein, obgleich all diese Figuren psychologisch glaubwürdig gezeichnet sind (allen voran die Mutter der Heldin, LILI (65), jene misanthropische, alkohol- und krebskranke Porte Parole des Dramas). Dennoch ist die Figurenkonstellation noch keineswegs optimal - so scheint mir z.B. LILIs Funktion für den Plot fragwürdig. Der Beziehungskonflikt zwischen KLARA und TOMMIE wirkt klischeehaft. Die Rolle des Profilers wirkt spätestens seit dem maßstabsetzenden 'Fitz' dürftig.
Dialoge: gekonnt ungekonnt lebendig teils/oft klischeehaft steif humorvoll
(vor allem die Dialoge im 'Car-Park' zwischen den Arbeitskollegen; ansonsten aber allgem. Doch eher selten mit würzigen Pointen versehen)
Locations: realisierbar aufwendig unverhältnismäßig aufwendig
(es handelt sich mit wenigen unwesentlichen Ausnahmen um vier bis sechs 'normale' Innenräume)

Entwicklungsprognose: Der Hauptfigur KLARA fehlt bislang ein gleich'starker' Partner oder Antagonist - den man allerdings mit geringem Arbeitsaufwand aus dem bereits vorhandenen Personal rekrutieren könnte. Außerdem ist die Geschichte a) etwas zu ernst - sie bräuchte den einen oder anderen 'comic relief' und b) etwas zu keusch - eine der angedeuteten Liebes-Stränge könnte prickelnder ausgebaut werden.
Gesamtbewertung: Der Autor versteht sein Handwerk - fraglos ein gutes Potential mit allem Drum und Dran (Sex & Crime & Rock'n'Roll) und sogar mit zwei funktionierenden, im Klimax raffiniert verflochtenen Spannungsbögen! Die Geschichte scheint mir in ihrer visuellen Ästhetik und dramatischen Schlichtheit zu schön, als daß man sie wegen ihrer zweifellos vorhandenen Schwächen (s.o.) ad acta legen sollte. Sie eignet sich auch für die Schablone einer Krimiserie, so hätte man im vertrauten Kriminalisten u.a. eine zusätzliche Hauptfigur...
Hinweise für die Bearbeitung: a) Die Entwicklung der Hauptfigur KLARA (vom Puttchen über Sexobjekt zur Siegerin) plakativer herausarbeiten. b) Die Nebenfiguren der Mutter LILI und der Freundin BARBARA zu einer originellen Figur verschmelzen, die evt. zusätzlich noch in den Krimi-Strang eingeflochten werden könnte (etwa als 'Fehlalarm') c) Verknüpfung von NACHTIGALL u. BARBARA (die auch JENNYs Rolle einnehmen könnte). d) Es ist nicht ganz klar ersichtlich, warum der Verdacht auf MAX fallengelassen wird, und der Fokus sich plötzl. wieder auf VIKTOR richtet... e) die Gewichtung der potentiellen Täter könnte homogener ausfallen, die 'falschen Fährten' ausgewogener: Es scheint doch allzu schnell klar auf der Hand zu liegen, daß die am beiläufigsten ins Spiel gebrachte Nebenfigur (NACHTIGALL) der Mörder sein wird - andererseits enspricht NACHTIGALL damit dem klass. 'Butler-Schema'...
zusätzl. Anmerkung: Ich habe früher selbst sehr intensiv Turnier-Tanzsport betrieben - die hiesige Darstellung dieses Milieus war mir jedoch weitgehend fremd. Ich empfehle daher eine weiterführende Prüfung, inwiefern die dargestellte (fiktive) Tanzwelt so belassen werden soll und kann. (Es gibt im Gesellschaftstanz z.B. keine Einzelpreise; man geht nicht mit seinem Lehrer sondern mit seinem Partner auf Turniere; KLARA kann nicht als Tänzerin „arbeiten“ und gleichzeitig Schülerin sein; das Turnier wird als Medienereignis geschildert (was nicht notwendig ist) - und solch populäre Turniertänzerinnen wären jünger und müßten täglich trainieren / andere Turnierklasse, anderes Prozedere...

 

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