Trotz Volljährigkeit: Deutsche DHL irrt noch in der Steinzeit umher
Wenn die DHL wüsste, was die DHL weiß. Einer der größten Logistiker der Welt, nämlich die mittlerweile seit 18 Jahren zur Deutschen Post gehörige Dalsey-Hillblom-Lynn-GmbH, besser bekannt als DHL, erweist sich in puncto Fehlermanagement immer überzeugender als Versagerin. Läuft auch nur die geringste Kleinigkeit schief, geht nichts mehr. Bei einem System mit seltenen Fehlern wäre das ja kein Problem, aber hier…
Zwei Beispiele der allerjüngsten Zeit aus dem eigenen Nähkästchen zeugen von einer extrem hohen Pannenquote:
Am 1. März 2020 fand ich in meinem nach einem Regenguss durchnässten Fach ein (zusätzliches) fremdes Paket vor. Lieb und hilfsbereit wie ich bin, teilte ich der DHL diesen Umstand per Kontaktformular (Thema: Packstation / Anderes Thema) inklusive Foto (oben) und sämtlichen verfügbaren Angaben mit: FEHLER: Packstation 492/Bornholmer Str./Lidl: Ich habe fälschlich eine Sendung an Steven J rgensen (sic, Lücke korrekt) erhalten. Außerdem war das Fach völlig durchnässt, so dass die Sendung an J rgensen offen war – Inhalt nicht geöffnet. — Was soll ich tun? MfG Frank Jankowski
Die DHL antwortete wenige Stunden später mit dem Absender No-Reply@dhl.de:
Gerne werden wir Ihr Anliegen kurzfristig und zu Ihrer Zufriedenheit klären und beantworten. In Einzelfällen kann in Ihrem Interesse zur Klärung einer Anfrage auch eine ausführlichere Recherche notwendig sein. In diesem Fall bitten wir Sie um etwas Geduld und bedanken uns im Voraus für Ihr Verständnis. Sobald wir aktuelle Informationen vorliegen haben, werden wir Sie dementsprechend umgehend informieren. Ihr DHL Kundenservice
Wenige Stunden später kam dann die “umgehende Information”, diesmal von noreply@dhl.com:
Es tut uns leid, dass Sie mit unserem Service nicht zufrieden sind. Wir haben Ihre Beschwerde bezüglich der fehlenden Lieferung Ihrer Sendung an unsere zuständigen Kollegen weitergeleitet. Ihre Sendung sollte Ihnen in Kürze zugestellt werden. Wir hoffen, dass wir mit diesen Informationen behilflich sein konnten und bedauern die entstandenen Unannehmlichkeiten. Beste Grüße Katja Jung Ihr Kundenservice
Also entweder ist Katja Jung eine Ausländerin, die kein Deutsch versteht, was angesichts des plakativ teutonischen Namens unwahrscheinlich anmutet. Oder aber der Kundenservice der DHL ist geistig minderbemittelt – und DAS will natürlich niemand annehmen! Ganz offensichtlich handelte es sich also auch bei Katja um einen Roboter, der die falschen Keywords ausgelesen bzw. gründlich missinterpretiert hatte, den Turing-Test also noch lange nicht bestehen wird!
Die Sendung wurde natürlich nicht zugestellt, wie auch, sie liegt ja noch bei mir! Und es passierte auch sonst nichts. Und ob das Regenloch gestopft wurde, weiß ich nicht. Versteht mich nicht falsch, Leute: ich bin heilfroh und DANKBAR, dass es Packstationen überhaupt gibt – ein Wort, so neu übrigens, dass WordPress es noch rot unterstreicht, obwohl diese wunderbare Erfindung angeblich bereits seit Ende 2001 betrieben wird! Und ich bin deshalb sehr gerne bereit, mehrere Augen zuzudrücken. Trotzdem wundere ich mich über den vorsintflutlichen Service. Wundern? Ach so, ja, nein, eigentlich darf man sich bei deutschen Unternehmen ja gar nicht über schlechten bzw. fehlenden Kundenservice wundern… (Die Aufklärung folgt ganz unten.)
Zweite Panne, wenige Wochen später:
Am 23. Mai wollte ich eine wichtige Maschine abholen, aber das Fach ließ sich nicht öffnen – auch nicht nach diversen weiteren Versuchen und (vorsichtigen) Wackeleien an in Frage kommenden Türen, um eventuelle Verklemmungen zu lösen. Ich tat, wie mir geheißen: Das Fach konnte leider nicht geöffnet werden. Bitte wenden Sie sich an unseren Kundenservice. Natürlich ohne Telefonnummer. Die suchte ich mir mit (gefühlten) 30 Klicks selbst heraus, rief an. Eine freundliche Dame sagte, man kümmere sich darum, entsende einen Techniker, gebe mir Bescheid, sobald der Fehler behoben sei. Zwei Tage später erhielt ich eine eMail von noreply.packstation@dhl.de: Guten Tag Herr Jankowski, Ihre Sendung liegt seit 2 Tagen in der Packstation in Berlin für Sie bereit.
Die Sendung liegt da, ja! Aber liegt sie auch wirklich bereit, denn „bereit“ bedeutet laut Duden: so beschaffen, dass das im Basiswort Genannte damit sofort getan werden kann. – Da der Einsatz der bestellten Maschine terminlich drängte, und ich bezweifelte, dass diese Mitteilung korrekt war, rief ich am Mittwoch, den 27.5. erneut an, erkundigte mich nach dem Verbleib. Oh, sagte mir der (übrigens ebenfalls freundliche!) Callcenter-Agent, das könne zwischen 3 und 5 Werktagen dauern. Ich frage mich zwar, weshalb ein Logistik-Unternehmen wie die DHL mit „Werktagen“ kalkuliert, wartete aber gespannt weiter – und wunderte mich über das unzulängliche CRM-Tool, das die DHL offenbar betreibt. Ein CRM (Customer Relationship Management) soll schließlich den Zweck erfüllen, dass in einem großen Unternehmen die rechte Hand weiß, was die linke tut. Und das ist hier ganz offensichtlich nicht der Fall, sonst würde mir die linke keine Standard-eMails mit unsinnigen/überflüssigen Informationen schicken.
„Wenn Siemens wüsste, was Siemens weiß…“
Heinrich von Pierer, 1995
Mittwoch, 3.6.20: Nach einer zweiten Ermahnungs-eMail von der DHL, dass meine Sendung seit Tagen auf mich wartet, schickte ich eine schriftliche Mitteilung per Kontaktformular, Betreff: Packstation / Beschwerde: Hallo, hier die Fakten: Abholversuch: 23.5.20. Fach ließ sich nicht öffnen.
Unmittelbares Telefonat mit DHL-Support. Man sagte mir, das Fach werde UMGEHEND von einem Techniker repariert und ich werde benachrichtigt. 27.5.: erneuter Anruf im Callcenter. Es hieß: Die Reparatur dauere zwischen 3 und 5 Werktagen. JETZT sind SIEBEN Werktage verstrichen.
Wie ist der Stand der Dinge? Muss ich die Sendung erneut bestellen? MfG Frank Jankowski
Die Antwort erfolgte wieder von meiner alten Roboter-Bekannten Katja Jung, allerdings diesmal nicht unter noreply@dhl.com, sondern unter der anderen Adresse: No-Reply@dhl.de.
Wie Sie uns mitteilen, ist die Packstation 492 weiterhin defekt. Wir informieren nochmals unsere Techniker. Die Instandsetzung einer Packstation erfolgt zeitnah und wird in der Regel innerhalb von 48 Stunden durchgeführt. Sollte die Behebung eines Defektes jedoch längere Zeit in Anspruch nehmen, werden die eingelieferten Sendungen aus der Packstation entnommen und in eine Filiale umgelagert. Selbstverständlich informieren wir Sie darüber. /…/
Wieso „teile ich mit, dass die Packstation weiterhin defekt ist“? Das tue ich doch gar nicht; aber ich gehe davon aus, sonst hätte ich vielleicht eine entsprechende Mitteilung erhalten! Oder erwarten die, dass ich täglich nachprüfe? Und was sind das für Technik-Dienstleister, die man alle paar Tage mal informiert, ohne, dass etwas unternommen wird? Machen die das gratis? Ist das eine karitative Veranstaltung?…
Die in einem Feedback-Formular vorgegebenen Antworten, warum ich mit dem Kundenservice von DHL Paket weniger zufrieden bzw. unzufrieden bin, lesen sich wie eine Dokumentation der üblichen Vorgehensweise:
- Antworten passen nicht zur Fragestellung => yep!
- Falsche/ Widersprüchliche Auskunft erhalten => yep!
- Zusagen wurden nicht eingehalten => yep!
- Keinen Lösungsweg aufgezeigt => yep!
- Mangelnde Freundlichkeit
- Fragen nicht bzw. nicht vollständig beantwortet => yep!
- Zu lange Bearbeitungsdauer => yep, denn es gibt ja gar keine Bearbeitung!
Am Schluss des Fragenkatalogs gab man mir die Möglichkeit, kurz zu beschreiben, warum mir die E-Mail nicht weitergeholfen hat bzw. diese nicht verständlich war. Dazu hinterließ ich folgende Nachricht:
Lesen Sie am besten meinen Artikel dazu, der allerdings den heutigen eMail-Unsinn noch nicht berücksichtigt. Ich gehe davon aus, dass Sie, wie jene ominöse „Katja Jung“ ein Bot sind, rechne also nicht mit einer sinnvollen Reaktion. Falls Sie wider Erwarten ein Mensch sind, bin ich auf Ihre Stellungnahme (am besten per Kommentar direkt unter dem Beitrag) gespannt.
Vorsichtshalber fragte ich auch gleich mal beim Absender der sehnlich erwarteten (und bereits bezahlten, ziemlich teuren) Maschine nach, ob er bereits eine Retoure erhalten habe. Er verneinte, empfahl mir aber, doch nochmal zu prüfen, ob das Fach sich mittlerweile öffnen lasse, denn das habe er schon mehrfach bei anderen Kunden erlebt, die auch keine Mitteilung erhalten hatten.
Und siehe da: als ich Donnerstag früh aufs Geratewohl nochmals versuchte, mein Paket abzuholen, ließ sich das Fach problemlos öffnen. Ursache der Störung war vermutlich die zu große Umverpackung gewesen, die der Bote dennoch hineingequetscht hatte. Warum es nun plötzlich funktionierte, werde ich wohl niemals erfahren, und die versprochene Benachrichtigung blieb bis jetzt aus.
Die Pointe bezüglich der falschen Lieferung:
Das kann auch gar nichts passieren, schriftlich geht das nämlich nicht, sondern, wenn so etwas passiert, müssen Sie zu einer Filiale gehen und das Paket dort abgeben, dann kriegen Sie auch ein kleines Geschenk, eine kostenlose Sendung oder so…
DHL Callcenter-Agent
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