Better change the running System

Eindrücke vom Forum Deutscher Mittelstand 2018

Verliert die deutsche Industrie bei der Digitalisierung wirklich den Anschluss an die Weltspitze? Um diese Frage zu klären, trommelte das IPM berufene Münder in Stuttgart zusammen. – Die frohe Botschaft: Mitnichten! Der 3D-Druck als vielleicht bedeutendste und disruptivste Technologie der Industriegeschichte verhilft dem Gütesiegel Made in Germany sogar zu einem Relaunch ungeahnten Ausmaßes.

Dieser Artikel entstand im Rahmen meiner Tätigkeit als
Pressereferent des 3D-Druck-Software Startups 3YOURMIND

» Die Vielfalt und der Erfolg der mittelständischen Wirtschaft bildet das Rückgrat unseres Wohlstandes. «

Bundeswirtschaftministerin Brigitte Zypries

Verliert die deutsche Industrie bei der Digitalisierung wirklich den Anschluss an die Weltspitze? Um diese Frage zu klären, trommelte das IPM ausgewiesene Experten in Stuttgart zusammen. – Die frohe Botschaft: Mitnichten! Der 3D-Druck als vielleicht bedeutendste, disruptivste Technologie der Industriegeschichte verhilft dem Gütesiegel Made in Germany sogar zu einem Relaunch ungeahnten Ausmaßes. In anderen Bereichen jedoch stehen drastische Veränderungen an.

Wie digital sind Sie aufgestellt?

Die zehn häufigsten Fachtermini des ersten Forums Deutscher Mittelstand. Wie viele davon sind Ihnen geläufig? Eine (nicht ganz ernst zu nehmende) Auflösung finden Sie am Ende dieses Artikels.

⦁ Predictive maintenance
⦁ IoT
⦁ Pay per use
⦁ Digitaler Zwilling
⦁ Blackbox
⦁ Amazon Web Services
⦁ MindSphere
⦁ Cutting edge, bleeding edge
⦁ Edge Computing
⦁ Brown field, green field

Egal, welchen Newsletter man herunterscrollt oder welchen Blog man durchklickt: Mit dem Schlagwort „Digitalisierung“ werden wir täglich ermahnt, uns mit neuen Technologien, neuen Apps, neuen Prozessen zu beschäftigen, um bloß ja den Anschluss nicht zu verlieren. Das kann einen schon verunsichern, nerven, denn es geht uns doch gut – so gut, wie nie zuvor! – Dennoch, oder gerade deshalb sind diese Warnrufe durchaus begründet, denn der Wohlstand kann schnell kippen, wenn man nicht vorsorgt. Der gute alte Rat nämlich (never change a running system!) ist längst veraltet.

Abb.: Lästiges Herumreichen von Mikrofonen war gestern. Auch keine umständlich formulierten oder unverständlichen Fragen mehr: Das Publikum bewertet digital gestellte Fragen mittels eines Diskussionstools namens Slido. Auf diese Weise werden nur diejenigen Fragen aufgegriffen, die die meisten interessieren. Foto: IPM/Offenblende

Die Champions von morgen

In der BMWi-Studie „Innovativer Mittelstand 2025” heißt es, der Mittelstand gelte als “wesentliches Element des Erfolgs der deutschen Wirtschaft.” Es mehrten sich jedoch die Anzeichen, dass dieses Erfolgsmodell in eine Krise gerate, sofern in bestimmten Bereichen nicht gegengesteuert werde.
Aber wie müsste eine solche Gegensteuerung beschaffen sein?
Um diese Frage zu erörtern, versammelten sich am 12. und 13. September 470 Vertreter der deutschen Wirtschaft in Stuttgart und entwickelten mit einer erfreulich optimistischen Grundstimmung einige gute Lösungsansätze – zum Teil aus der (bereits bewährten) Praxis, zum anderen Teil aus Erwägungen des kreativen, erfahrenen und gesunden Business-Menschenverstandes.
Einhelliger Konsens bestand darin, dass die industrielle Digitalisierung eine deutsche Erfindung sei, auf die man stolz sein dürfe, dass dies aber längst nicht genug ist, und dass bestimmte Veränderungen stattfinden müssen.

» Es ist schon ein großer Fortschritt, den Willen zum Fortschritt zu haben. «

Seneca
Abb.: Für Raunen im Publikum sorgte Accentures Job-Konfigurator, den Thomas Rinn in der “Master Class” nicht etwa als tollkühne Zukunftsvision, sondern als real existierende Praxis präsentierte. Alexander Britz warf sich mit Nachdruck in diese Bresche: sein Unternehmen (Microsoft) habe Vertrauensarbeitszeit und -ort bereits vor acht Jahren eingeführt. Grafik: Accenture


Aller guten Dinge

Namentlich kristallisierten sich die folgenden drei Hauptaufgaben heraus.

⦁ Ganz klar: Digitalisierung muss sein. Die einzige Frage, die sich hier stellt, ist das Wie, unter keinen Umständen das Ob oder das “In welchem Umfang?”. Digitalisierung betreffe sämtliche Prozesse und Produkte sämtlicher Branchen und Wertschöpfungsketten. Und: die Digitale Transformation sei kein Projekt, das 2020 oder -30 abgeschlossen sei. Die Digitalisierung sei vielmehr ein ganz neues Paradigma, eine neue Kultur.

⦁ Der Mensch rückt wieder in den Mittelpunkt einer bis vor kurzem noch leeren Industrie 4.0-Fabrik. Das ist gut. Einerseits. Andererseits geht damit die Herausforderung des Fachkräftemangels, des War of Talentseinher, der heute bereits einen volkswirtschaftlichen Schaden von jährlich rund 30 bis 40 Milliarden Euro verursache und folgendermaßen behoben bzw. gewonnen werden könnte: a) Mehr Neu-Kombinationen von Ausbildungsfächern der Elektronik, Konstruktion und Mechanik, wie es bspw. durch Mechatronik bereits geschieht. b) Innerbetriebliche Fortbildung und Spezialisierung ist unerlässlich und muss massiv gefördert werden. c) Anreize schaffen für Studiengänge wie Informatik, die von rund 50% aller Studierenden abgebrochen werden. d) Die wahren Talente aus den eigenen Reihen aufspüren und nicht, wie es leider allerorten viel zu oft getan wird, “mit Blödsinnsaufgaben verschleißen” (⦁ Dr. Dominique Hoffmann, Warth & Klein Grant Thornton)

⦁ Qualität und neue Nischen, um das jeweilige Portfolio zu ergänzen oder sogar disruptiv zu ersetzen, lassen sich mittels neuer Geschäftsmodelle entwickeln (darin bestehe die größte Schwäche deutscher Unternehmer), sowie durch den Einsatz neuer Technologien gewinnen. Als wichtigste Innovationen traten a) das Internet of Things ins Rampenlicht und b) der Einsatz von 3D-Druck…
Welche enormen Potenziale mit dem 3D-Druck verbunden sind, vermittelte am prominentesten der Keynote-Vortrag von EOS-Chairman Dr. Hans Langer.

Langer

» Der deutsche Mittelstand, so wie wir ihn erleben, ist extrem innovativ! «

Dr. Hans J. Langer, EOS
Abb.: Charismatischer Vordenker, Vormacher und Motor einer alles umwälzenden neuen Technologie: Dr. Hans Langer baute ein Unternehmen von Weltrang auf, das sich nach wie vor fest in der Hand der Familie befindet: EOS. Foto: IPM/Offenblende

Mit seiner Präsentation war die Angelegenheit der additiven Fertigung als offizielles Thema allerdings nicht erschöpft. Weitere Befunde legte Stefanie Brickwede, Head of 3dprinting der Deutschen Bahn vor, die zugleich das ambitionierte 3D-Druck-Netzwerk-Projekt Mobility goes Additive leitet: “the leading international network of companies, institutions and research institutes working on industrial additive solutions”.

Additive Manufacturing sei eine durch und durch deutsche Domäne, auf die man Großes aufbauen könne, sehr Großes – denn in absehbarer Zeit, so Brickwede, werden nach vorsichtigen Expertenschätzungen mindestens 50% sämtlicher weltweit hergestellter Produkte additiv gefertigt. Unsere wichtigste Aufgabe bestehe nun darin, Vertrauen in diese Technologie aufbauen, damit sie schnell und breitenwirksam etabliert werden könne.

Abb.: Drei Millennials rechts, drei Baby Boomer links, aber der Schein trügt: das Durchschnittsalter des Forums betrug etwa 50 Jahre. Die Generation Y und Z (Digital Natives) wurde, wie so oft, auch hier nicht ganz neidlos von den Digital Immigrants klassifiziert: dass sie nie um etwas kämpfen mussten, am wenigsten um einen Job, dass sie Familie und Freunde wichtiger erachten als die Arbeit, das gereiche ihnen zum Nachteil. Erstaunlich sei die gleichzeitig verbreitete Unflexibilität und das starke Sicherheitsbedürfnis dieser Nachwuchsgeneration. Foto: IPM/Offenblende

Auflösung: so digital sind Sie aufgestellt!

⦁ Sämtliche 10 Begriffe beschreiben sozusagen Ihr tägliches Brot. 
⇒  Sie sind nicht digital aufgestellt, Sie SIND digital – ein ziemlich gut programmierter Bot!

⦁ Sie könnten mehr als die Hälfte der Fachtermini einem Laien verständlich (und richtig) erklären. 
⇒  Sie können kein Nerd sein, denn dann würden Sie das hier gar nicht lesen. Aber Sie können einem echten Nerd problemlos das Wasser reichen: gehen Sie los, tun Sie Gutes und verdienen Sie viel Geld damit!

⦁ Sie haben einige der Wörter bereits gehört, sind aber nur mit zweien bis dreien wirklich vertraut.   
⇒  Sie wissen deutlich mehr als die meisten und sind ehrlich – eine solide Grundlage für den Aufbruch zu neuen digitalen Ufern!

⦁ Sie nutzen Amazon als Retailing-Plattform, können sich etwas unter den drei erst genannten Begriffen vorstellen, fragen sich jedoch, was das “o” zwischen dem “IT” soll und hätten brown und green field vor dem Lesen dieses Artikels in einen semantischen Zusammenhang mit diesem nicht enden wollenden Sommer eingeordnet.   
⇒  Sie müssen einer von den großen Bossen sein, denen in der Podiumsdiskussion (“Kompetenzen und Qualifizierung”) geraten wurde, dass sie keine Angst haben dürfen, Ihr Unwissen gegenüber Mitarbeitern zu offenbaren!
😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert