Barbylon, oder Maximalismus meets Minimalismus meets Emanzen-Dystopie
Babylon und Banshees of Inisherin hintereinander weg. Und dann Barbie.
Do., 26.1.23: Kinohopping, zwei Filme, die es beide in sich hatten, erst den dreistündigen und damit mindestens 45 Minuten zu langen, dennoch beeindruckenden Babylon mit dem völlig unnötigen deutschen Verleih-Zusatztitel “– Rausch der Ekstase” und einer zwar blendend spielenden und irgendwie gefährlich gut aussehenden, aber irgendwie auch profillosen Protagonistin Margot Robbie in einer effekthascherisch überfrachteten Handlung: Allen voran müsste die Neger-Star-unter-Weißen- und/oder Louis-Armstrong-Geschichte wenn überhaupt, eine eigene sein; hier heißt die Figur des Super-Trompeters, der nebenbei ganz plötzlich Multimillionär wird, Sidney Palmer. – Man versteht nicht, weshalb ein berüchtigter Gangsterboss von Tobey Maguire gespielt wird und komplett debil sein muss. Manche Stränge werden einfach abgewürgt, wie gleich zu Beginn die eigentlich fesselnde und originelle Intro-Sequenz mit dem Elefanten, der auf einem Lastwagen einen Berg runterrollt. Wie geht diese Rutschpartie aus? Warum wird das nicht gezeigt? Weshalb wirft einer hektisch Heu neben den Elefantenhintern?… Auch viele andere Motive und Figuren überfrachten die eigentlichen beiden Geschichten – deren zweite wiederum alt ist: Das Scheitern eines Stummfilmstars an den Herausforderungen der Tonfilm-Revolution, wie man es aus dem wunderbaren “Singin’ in the Rain” kennt (der am Ende deshalb auch explizit zitiert wird). Der Star ist eigentlich doch keiner, dann aber wieder doch, das ist einerseits tragisch, dann wieder einfach nur doof und verwirrt unnötig. – Die zweite Geschichte, die leider auch nicht konsequent erzählt wird, gefällt mir am besten: Ein junger, hübscher, bescheidener aber sehr ehrgeiziger und vielseitiger Einwanderer will an etwas Großem mitwirken, zum Beispiel an einem Hollywoodfilm, verliebt sich in den Star, als er noch keiner ist, und richtet sein Leben darauf aus, sie heimlich und reinen Herzens zu lieben… Der Film lohnt sich trotz der (elefantösen) Überladung – für so manche großartige Einzel-Szene, etwa wenn Margot Robbie (alias Nellie LaRoy) beweist, dass sie auf Kommando die gewünschte Anzahl Tränen vergießen kann. –
Dann der schräge (und komplett maschinenlose) Irr-Land-Film The Banshees of Inisherin (sprich: Inish-erin) von Brügge-Regisseur Martin McDonagh. Langatmig aber, sofern man sich darauf einlässt, auch faszinierend. Ich frage mich, ob der Film auch funktionieren würde, wenn nicht zufällig zwei Weltstars mitgemischt hätten. Wer hätte die beiden Figuren gespielt, wenn ein Ostfriese das Drehbuch geschrieben hätte? Detlev Buck und Til Schweiger? Was mich, abgesehen von den zu vielen abgeschnittenen Fingern, dramaturgisch stört: Dass niemand von den Inselbewohnern am Schluss kommt, um den Brandanschlag mitzuerleben – nachdem er auf die Minute genau angekündigt wurde – nicht einmal der gemeingefährliche Dorfpolizist…
Apropos Margot Robbie
Do., 20.7.23 … Dann am Kantkino vorbei, wo ich den Beginn einer Preview des Barbie-Films mit Ryan Gosling gerade noch so eben schaffe. Im Foyer ist alles rosa, und eine sexy Mitarbeiterin trägt einen engen quietschrosa Plastkrock, sehr heiß. Blöderweise bekomme ich nur noch einen Platz in der zweiten Reihe, die in diesem Kino zu dicht vor der Leinwand liegt.
Die ersten 50-60 Minuten sind (insbesondere wegen der Kulissen und Kostüme) beeindruckend, dann wiederholt sich alles und zieht sich zäh wie alter Kaugummi hin. Was (auch) stört: Dass Mattel permanent so aufdringlich als Sponsor bzw. eigentlicher Produzent in Erscheinung tritt, weil man sich immer fragt, ob man da gerade (werbe)psychologisch sehr weit hinters Licht geführt wird. Ist das ein Werbefilm für Barbie? Warum wurde die Dickwänstin eingeschmuggelt? Es gibt doch gar keine pyknische, adipöse Barbie, oder doch!? – Gosling allerdings, wie im Lalaland tanzend und (hervorragend) singend, und Margot Robbie, die ich (s.o,) eigentlich uninteressant finde, aber für diese Rolle natürlich wie geschaffen ist, spielen herausragend. Die Funktion der seltsam blassen Mutter mit dem uninteressanten Mädchen verstehe ich nicht – ebenso wenig die Monty Python-Managertypen um den unkomischen Will Ferrell. Auch wäre es bei weitem angenehmer gewesen, wenn die Geschichte nach dem Turning Point in der richtigen Welt weitergespielt hätte, da man von der grellen Plastikwelt spätestens nach der Hälfte Augenschmerzen bekommt. Das Ganze mutiert zu einer Emanzen-Dystopie und wäre wohl wesentlich besser gelungen, wenn man das Projekt jemandem wie Wes Anderson oder den Coen-Brüder anvertraut hätte, statt jener Greta Gerwig, die jedes Jahr einen Frauenfilm macht, die ich alle nicht gesehen habe.
Witzig: wenn man den Film googelt, erscheinen Sternchen auf dem Monitor und die Schrift ist rosa!
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